
Ins Hier und Jetzt kommen (Was ist das Jetzt?)
“Vielleicht gibt es das Hier und Jetzt gar nicht”, wispert es immer wieder in meinem Ohr. “Vielleicht ist es einfach nur eine Illusion.”
Wenn ich tiefer und tiefer in diesen Gedanken einsteige, verliere ich mich. Wir verlieren uns in der Welt der Möglichkeiten. Das Konzept Zeit wurde erfunden, um uns Halt zu geben. Das Jetzt existiert, um eine Ausgangsbasis zu schaffen.
Mehr nicht, weniger auch nicht.
Lasst uns das Jetzt näher betrachten.
"Verweilt ganz und gar im gegenwärtigen Augenblick, und ihr werdet sehen, dass auch die Zukunft vorhanden ist. Ebenso wie die Vergangenheit, die ihr verwandeln könnt. Denn im gegenwärtigen Augenblick sind alle Augenblicke enthalten."
Thich Nhat Hanh
Wenn ich seine Worte richtig deute, so scheint es ein wichtiger Bestandteil von Leben zu sein, ganz im gegenwärtigen Moment zu sein. Doch das ist gar nicht so einfach. Wir sind so sehr an Verfügbarkeit, Beliebigkeit und Ablenkung gewöhnt, dass es uns gar nicht auffällt, dass wir permanent in der Vergangenheit, der Zukunft oder in entfremdeten Illusionen leben. Das Abhauen aus der Gegenwart ist normaler als das Verweilen in ihr.
Kaum einer von uns hält mehr Ruhe und Stille für einen längeren Zeitraum aus. Es ist erstaunlich, wie oft wir automatisiert nach dem Handy greifen, obwohl kein Anruf kommt. Wir halten die Ruhe und Stille in uns nicht aus. Warum ist das so? Weil alles fühlbar werden würde. Weil dann nichts mehr gedeckelt werden kann.
“Wenn ich in die Stille gehe, entscheide ich mich dazu, alles zu fühlen - das Schöne und das Dunkle.”
Eines der Haupt-Hindernisse, warum wir nicht einmal ansatzweise in die Stille kommen, ist Zeit: Zeitknappheit, Hast und Eile. Wo ein permanentes Beschäftigtsein wohnt, finden auch Stress und Druck ihr Zuhause.
Der Körper reagiert auf Druck nach und nach immer mehr. Die inneren Faszien ziehen sich zusammen, es wird eng in uns und irgendwann fühlen wir unseren Körper nicht mehr und beginnen über den Kopf zu fühlen. Was an und für sich absurd ist.
Erstaunlicherweise ist der Ausgangspunkt, um vom “Nicht-Fühlen” wieder in die Wahrnehmung zu kommen der gegenwärtige Augenblick, das Hier und Jetzt.
Zurück ins Hier und Jetzt
Wie wäre es, wenn du ganz im gegenwärtigen Moment bist?
Wenn du dich ganz darauf einlässt?
Ganz und gar präsent bist?
Frei von Ablenkung, Abschweifen und Ausweichmanövern im Innen und Außen.
Da gibt es nur ein Problem: Dein Gehirn ist schlau und es hat bestimmte Automatismen hinterlegt, die sich nur mit viel Willenskraft überwinden lassen.
Daher stellt sich genau eine Frage.
Was macht es so schwer im Hier und Jetzt zu sein?
- Alltag
- To Do Listen
- Beständiger Abgleich im Gehirn von Jetzt, Vergangenheit und Zukunft
- Emotionales Gefangensein in der Vergangenheit
- Ängste (z.B. etwas falsch zu machen, nicht gut genug zu sein, alleine zu enden,…)
- FOMO (Fear Of Missing Out)
- Konditionierungen und Automatismen
- Zerstreuung ist so günstig und leicht erreichbar wie nie zuvor (Handy, ipad, Netflix, Social Media, Dating Apps, News, Gaming, etc.)
Wenn ich mir diese kleine Aufzählung durchlese, fühle ich mich wie in einem Gefängnis - geht es dir nicht auch so?
Im Moment sein zu können bedeutet Freiheit, wohingegen ständig abzuhauen Gefangenschaft bedeutet.
Ein Leben in Selbstbestimmtheit - streben wir nicht permanent danach? Und doch fällt es uns so schwer, genau das durchzuhalten, um konsequent dieses Ziel zu erreichen.
Was genau braucht es, um mehr im gegenwärtigen Augenblick zu sein?
Doch bevor wir in die konkrete Umsetzung gehen, wie du in deinem Alltag mehr im Jetzt sein kannst, würde ich gerne wissen, was das Jetzt eigentlich ist. Dazu habe ich mir 3 Aussagen 3 verschiedener Meditationslehrer herausgepickt, die sich permanent mit dem Wesen des “Jetzt” beschäftigen:
- Eckhart Tolle beschreibt das Hier und Jetzt als einen zeitlosen Zustand des Bewusstseins, frei von psychologischen Bedürfnissen nach Vergangenheit oder Zukunft.
- Joe Dispenza bezeichnet es als den Moment, in dem Vergangenheit und Zukunft sich treffen und neutralisiert werden, einen Ort voller unendlicher Möglichkeiten.
- Jack Kornfield definiert das “Jetzt” als offenes Gewahrsein im gegenwärtigen Moment, das über bloßes Stillsitzen und Meditieren hinausgeht und eine gelassenere Lebenshaltung ermöglicht.
Wie du siehst habe ich drei männliche Sichtweisen gewählt.
Für mich als Frau kommen jedoch noch weitere Aspekte hinzu: Wenn ich ganz im Hier und Jetzt bin, sind alle Sinne wach und mein Fühlen ist erweitert, was es mir ermöglicht, dass ich mich voll und ganz dem Sein in diesem Moment hingebe und empfange, was sein will. Ich höre auf zu kreieren, zu forcieren, zu treiben - ich bin.
Dadurch entsteht ein tiefes Erleben, eine unerwartete Nähe zu mir selbst und eine Art neue Dimension des Lebens. Ich werde innerlich wach und bin fokussiert, klar und ganz da.
"Das Leben ist jetzt. Es war nie dazu gedacht, auf später verschoben zu werden." Jack Kornfield
Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass Menschen, die ihre Gedanken 66% der Zeit auf die Gegenwart richten, weniger grübeln und eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen
Doch zurück zu unserer Frage: Was kann ich tun, um im Hier und Jetzt anzukommen?
Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten und ich möchte dir hier acht Punkte mit an die hand geben, die eigentlich täglich vollzogen werden können. Es hilft schon, wenn du dir eine einzige Sache vornimmst, mehr nicht. Nur eine Einzige.
Was du konkret tun kannst, um ganz im Hier und Jetzt zu sein
- Nimm deine Atmung bewusst wahr: Konzentriere dich auf deinen Atem. Fühle ihn und fühle wie diese Verbindung Ruhe in dich bringt und dich in den gegenwärtigen Moment zurückkehren lässt.
- Fokussiere dich auf eine Sache: Konzentriere dich auf eine Aufgabe zur Zeit, ohne Multitasking. Multitasking ist eine Illusion.
- Mach regelmäßige Pausen: Plane jeden Tag Zeit für Erholung ein, trage dir am besten Pausen in deinen Kalender ein. Mach einen Mittagsschlaf.
- Nimm dir Zeit für Selbstreflexion: Frage dich regelmäßig "Wie fühle ich mich gerade?". Das ist die einfachste Frage, um im aktuellen Moment ganz anzukommen.
- Durchbreche immer wieder Routinen: Probiere neue Wege oder Aktivitäten aus, um wacher und präsenter zu sein
- Führe mehr positive Selbstgespräche: Gerade in stressigen Situationen, verwende ermutigende Gedanken wie "Mach's Schritt für Schritt" oder "Erst mal probieren", anstatt dich selbst zu entmutigen
- Verbinde dich mit dem Gefühl der Dankbarkeit: Nimm dir jeden Tag Zeit, um für die kleinen Dinge im Leben Dankbarkeit zu empfinden
- Sei körperlich aktiv: Kaum etwas führt dich so in Verbindung zu deinem Körper und in den jetztigen Moment, wie Bewegung und Sport. Such dir was aus, was dir Freude bereitet - am besten in der Natur!
Kleine Unterbrecher im Alltag bringen den Fokus zurück ins Jetzt. Keinesfalls wollte ich dich mit meinen Vorschlägen überfrachten. Für viele Menschen ist das Leben aktuell anstrengend, ermüdend und erschöpfend.
Doch vertrau mir: Wenn du dir einen Punkt heraus pickst und diesen konsequent umsetzt, wird dein Leben leichter, fließender und freudvoller sein. Jetzt.